Guo Pei: Die Farbe Gelb

Während der Kulturrevolution in China war es dem Bürgertum strikt untersagt gewesen Gelb zu tragen. Doch genau in dieser Zeit wurde eine Künstlerin geboren, für die die Farbe Gelb später den Wendepunkt ihrer Karriere als Modedesignerin einläutete.

Guo Pei – 1967 in Beijing geboren und aufgewachsen, gründete 1991 ihr Designatelier Rose Studio und verbindet seitdem Zeitgeist und traditionelle Handwerkskunst zu chinesischer Haute Couture. 2015 erregte sie weltweites Aufsehen, als Rihanna eines ihrer Designs anlässlich der MET Gala in New York trug. China: Through the Looking Glass konnte nicht passender sein. Rihanna wählte eine kanariengelbe, 25 Kilogramm schwere, kaiserliche Robe mit einer vier Meter langen Schleppe, die aus 24 karätigem Goldfaden gefertigt wurde. Ganze zwei Jahre dauerte die Fertigstellung und fünf Helfer waren nötig, damit Rihanna den Weg vom roten Teppich bis zum Museumseingang überhaupt meistern konnte.

„Rihanna’s Dress“ in der Ausstellung „Couture Beyond“ in der Vancouver Art Gallery

Gold und Gelb waren nicht immer angesehene Farben in China. Sie repräsentieren das Kaisertum und waren während der Kulturrevolution verhasst. Einheitskleidung in Dunkelblau und Grau waren stattdessen vorherrschend.  Guo Pei erinnert sich noch genau an diese Zeit, wie sie im Dokumentarfilm Yellow is forbidden verriet: „Als ich acht Jahre alt war, fragte ich meine Großmutter, ob ich ein gelbes Kleid bekommen könnte. Sie wurde sehr verärgert und sagte, dass Gelb verboten sei.“ Trotz der gesellschaftlichen Einschränkungen jener Zeit, blieb Guo Peis Verlangen nach Mode beständig. Immer wieder ließ sie sich Stickereien und Roben der Kaiser von ihrer Großmutter beschreiben – Erinnerungen, die sie in ihren Designs verarbeitet.

Detailverliebheit spiegelt sich in jedem Ausstellungsstück wieder

Obwohl Guo Pei als erste chinesische Designerin ins Chambre Syndicale de la Haute Couture nach Paris eingeladen, war ihr Aufstieg in der europäischen Modeszene als Outsider alles andere als leicht. „Es spielt keine Rolle wie berühmt du in China bist. In Paris fängst du wieder bei Null an. [….] Wenn ich das Wort Haute Couture benutze, werden mich die Franzosen nicht akzeptieren“ , erzählte sie in Yellow is forbidden. Sie ist sich durchaus bewusst, dass China eher als Ort für Produktionsstätten als für Kreativität angesehen wird, doch vielleicht ist sie diejenige, die einen neuen Wandel in der Modeindustrie einleiten wird –  immerhin geben Kunden regelmäßig Rekordsummen von $75’000 bis $300’000 während privaten Schauen in ihrem dreistöckigen Atelier in Beijing aus.

Als verheiratete Frau mit zwei Kindern und mehr als 500 Angestellten, unter denen sich 300 Sticker befinden, die Guo Pei selbst angelernt hat, schaffte sie es 2016 aus gutem Grund auf die Liste der weltweit 100 einflussreichsten Personen des TIME Magazins. Sie ist eine Symbolfigur für das aufsteigende China und den internationalen Modemarkt, für den es an der Zeit ist, die Grenzen Europas und Nordamerikas zu verlassen und den Blick nach Osten schweifen zu lassen.  

Text und Fotos: Jenny Kolossa